Farbverbot und EU-Regulierung – Was steckt hinter der REACH-Verordnung für Tattoo-Farben?

Seit Anfang 2022 sorgt eine EU-Regelung in der Tattoo-Branche für Aufsehen: Die sogenannte REACH-Verordnung hat zahlreiche Farbpigmente verboten oder streng beschränkt. Das Ziel: Die Tattoo-Farben in Europa sicherer machen. Doch was steckt genau hinter dieser Regulierung und welche Auswirkungen hat sie für Tattoo-Studios, Hersteller und Konsumenten?
Chemie unter der Haut: Warum Tattoo-Farben reguliert werden

Tattoo Farben sind komplexe Mischungen aus Pigmenten, Lösemitteln, Bindemitteln und Zusatzstoffen. Diese werden direkt in die Haut eingebracht – und bleiben dort für viele Jahre. Untersuchungen der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) zeigen, dass in Tattoo-Farben häufig problematische Substanzen enthalten sind. Dazu gehören Schwermetalle, Konservierungsstoffe oder Pigmente, die potenziell krebserregend, erbgutverändernd oder allergieauslösend wirken können.

Vor Inkrafttreten der REACH-Regelung gab es in der EU keine einheitlichen gesetzlichen Vorschriften speziell für Tätowierfarben. Lediglich nationale Empfehlungen oder allgemeine Produktsicherheitsrichtlinien galten. Erst mit der Anpassung der REACH-Verordnung wurde eine klare, europaweit verbindliche Regelung geschaffen.

Was ist REACH überhaupt?

Die REACH-Verordnung („Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals“) ist das zentrale Chemikaliengesetz der Europäischen Union. Sie verpflichtet Hersteller und Importeure, die Sicherheit ihrer Stoffe nachzuweisen und riskante Substanzen zu melden oder zu ersetzen.

Für Tätowierfarben ist dabei Eintrag Nr. 75 in Anhang XVII entscheidend. Dieser legt fest, welche Chemikalien in Tattoo- und Permanent-Make-up-Farben verboten oder nur eingeschränkt erlaubt sind. Insgesamt prüfte die EU über 4.000 chemische Stoffe und beschränkte viele davon erheblich.

Seit wann gilt das Farbverbot?

Die neuen Regeln traten am 4. Januar 2022 in Kraft. Für zwei besonders umstrittene Pigmente – Pigment Blue 15:3 und Pigment Green 7 – galt eine Übergangsfrist bis Januar 2023. Seitdem dürfen diese Substanzen ebenfalls nicht mehr in Tätowierfarben verwendet werden.

Betroffen sind alle Tätowier- und Permanent-Make-up-Produkte, die innerhalb der EU hergestellt oder verkauft werden. Jede zugelassene Farbe muss seither klar gekennzeichnet sein, etwa mit dem Hinweis „Mixture for use in tattoos or permanent make-up“, einer Chargennummer und einer vollständigen Zutatenliste.

Ziel der Regulierung: Sicherheit statt Verbot

Ziel der REACH-Regelung ist nicht, Tattoos einzuschränken oder zu verbieten. Die EU möchte vielmehr sicherstellen, dass alle verwendeten Farbstoffe gesundheitlich unbedenklich sind. Nach Angaben der ECHA soll das Risiko langfristiger Schäden wie Krebs, Entzündungen oder Allergien reduziert werden.

Die Maßnahme basiert auf einem einfachen Prinzip:

Was auf der Haut verboten ist, sollte auch nicht unter die Haut gelangen.

Folgen für Tattoo-Studios und Hersteller

Die neuen Vorgaben stellten die Branche vor große Herausforderungen. Viele Hersteller mussten ihre Rezepturen überarbeiten oder neue Farbsysteme entwickeln. Zahlreiche Produkte verschwanden vom Markt, andere erhielten überarbeitete, REACH-konforme Nachfolgeversionen.

Tattoo-Studios klagen seither über steigende Preise und eingeschränkte Farbauswahl. Besonders leuchtende Blautöne und Grüntöne sind schwer zu ersetzen, da es bislang kaum gleichwertige Alternativen gibt. Einige Tätowierer sprechen gar von einer „Farbenkrise“.

Gleichzeitig hat die Regulierung aber auch Innovationen angestoßen. Immer mehr Hersteller setzen auf pflanzliche oder mineralische Pigmente und bemühen sich, vollständig REACH-konforme Tattoo Farben anzubieten.

Vorteile für Verbraucherinnen und Verbraucher

Für Tattoo-Kundinnen und -Kunden bedeutet die REACH-Verordnung vor allem mehr Sicherheit und Transparenz. Farben müssen eindeutig deklariert und überprüft werden, was gesundheitliche Risiken deutlich senkt.

Allerdings kann es weiterhin vorkommen, dass nicht alle Produkte den EU-Anforderungen entsprechen. Dies gilt insbesondere bei Online-Käufen aus Nicht-EU-Ländern. Deshalb empfiehlt sich beim Tätowieren ein prüfender Blick:

  • Werden ausschließlich REACH-konforme Farben verwendet?
  • Liegt die Produktdokumentation im Studio vor?
  • Sind Etiketten und Inhaltsstoffe nachvollziehbar?

Wer diese Punkte beachtet, minimiert mögliche Risiken.

Fazit: Ein Schritt zu mehr Sicherheit in der Körperkunst

Mit der REACH-Verordnung hat die EU einen wichtigen Meilenstein für den Gesundheitsschutz in der Tattoo-Branche gesetzt. Auch wenn manche Farben verschwinden und Studios umstellen müssen, sorgt die neue Regelung langfristig für mehr Sicherheit und Vertrauen. Die Tätowierkunst bleibt – nur eben etwas sicherer und transparenter.

Wer sich heute tätowieren lässt, sollte sich nach der verwendeten Farbe erkundigen und zudem darauf achten, dass sie REACH-konform ist. So bleibt das Tattoo nicht nur schön, sondern auch unbedenklich für die Haut sowie die eigene Gesundheit.

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