Was bedeutet die neue Zeiterfassungspflicht?

Seit den Urteilen des Bundesarbeitsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs ist zwar ein wenig Zeit vergangen, doch nun ist es wohl soweit: Der deutsche Arbeitsminister Hubertus Heil hat einen Gesetzentwurf beschlossen, der das Arbeitszeitgesetz reformieren soll. Die verpflichtende Erfassung der Arbeitszeiten, welche durch das BAG und den EuGH entschieden wurde, sieht vor, dass Arbeitgeber die Arbeitszeiten ihrer Angestellten tagesaktuell dokumentieren müssen.

Dies sorgt nicht nur bei den Arbeitgebern, sondern auch bei den Arbeitnehmern für gewisse Verunsicherung. Grundsätzlich bietet die Zeiterfassung jedoch weitreichende Vorteile für beide Seiten.

Höheres Vertrauen und Transparenz

Die verpflichtende Zeiterfassung ist keinesfalls als Rückschritt zu betrachten, denn Mitarbeiter und Unternehmen können sich auch in Zukunft noch auf eine Vertrauensarbeitszeit einigen.

Der Unterschied besteht jedoch in der digitalen Aufzeichnung der Arbeitszeiten. Damit geht einher, dass die Arbeitnehmer wesentlich einfacher zeit- und ortsunabhängig arbeiten können. Schließlich liegt die Verantwortlichkeit dafür, dass sie ihre vereinbarten Arbeitszeiten einhalten, bei ihnen selbst.

Auf beiden Seiten werden so das Vertrauen und die Transparenz gefördert. Das bedeutet, dass Flexibilität und Selbstbestimmtheit auch weiterhin wichtige Säulen einer modernen Arbeitskultur darstellen.

Was zählt eigentlich zur Arbeitszeit?

Abhängig von dem jeweiligen Unternehmen und der Branche, kann die Definition von Arbeitszeit durchaus unterschiedlich ausfallen. Eine allgemeingültige Vorgabe des Gesetzgebers dazu besteht nicht. Die konkreten Unterschiede sind somit durch die Betriebsräte und Tarifparteien zu klären. Experten gehen jedoch davon aus, dass die verschwimmenden Grenzen ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern fördern werden.

Die Anwesenheitszeit darf im Übrigen nicht mit der Arbeitszeit gleichgesetzt werden. Arbeitgeber können individuell entscheiden, ab welcher Dauer beispielsweise eine übermäßig lange Pause dokumentiert werden muss.

Als Arbeitszeit gilt grundsätzlich die Zeit, in welcher von Beginn des Arbeitstages bis zu seinem Ende entsprechende jobrelevante Aufgaben ausgeführt werden. Nicht zur Arbeitszeit zählen so etwa die gesetzlichen Pausenzeiten. Daneben fallen allerdings auch Reisezeiten auf Dienstreisen und Fahrtzeiten für Kundenbesuche unter die Arbeitszeit.

Werden Arbeitnehmer durch das neue Gesetz kontrolliert?

Arbeitnehmer müssen in der Regel nicht befürchten, dass ihr Arbeitgeber sie aufgrund des neuen Gesetzes in Zukunft stärker kontrolliert. Unternehmen haben das Recht, die vereinbarte Arbeitszeit zu erfassen. Zur gleichen Zeit besteht jedoch auf für die Arbeitnehmer die Möglichkeit, in diesem Zusammenhang die Anzahl ihrer Überstunden zu kontrollieren. Die höhere Transparenz ist damit auf beiden Seiten gegeben.

Langfristig werden Arbeitnehmer mit großer Wahrscheinlichkeit ohnehin von einer immer höheren Flexibilität bei ihrer Arbeit profitieren. Zurückführen lässt sich dies vor allem auf den fortschreitenden Fachkräftemangel. Unternehmen, die ihre Arbeitnehmer zu stark unter Druck setzen oder übermäßig kontrollieren, werden auf dem aktuellen Arbeitnehmermarkt kaum noch eine Chance haben, qualifizierte Fachkräfte an sich zu binden.

Was passiert, wenn Unternehmen ihrer Pflicht nicht nachkommen?

Stellen Unternehmen kein geeignetes System zur Erfassung der Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter zur Verfügung, drohen ihnen hohe Bußgelder. Diese können durchaus mehrere zehntausend Euro betragen. Daneben gehen sie ein großes Risiko für Rechtsstreitigkeiten ein. Dennoch müssen auch Arbeitnehmer durch das neue Gesetz ihrer Pflicht nachkommen, eine korrekte Erfassung ihrer Arbeitszeiten sicherzustellen.

Aktuell befinden sich die Unternehmen jedoch noch in einer rechtlichen Grauzone, denn heute steht noch nicht fest, welche Art der Arbeitszeiterfassung die Mindestanforderung darstellt und für welche Firmen die neue Gesetzgebung überhaupt gilt.

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